Lisa Gärtner saß fassungslos vor Ihrem Bildschirm. War sie noch vor knapp einer Stunde mit guter Laune in das erste Beurteilungsgespräch mit Ihrem Chef gegangen, stand Ihre Welt jetzt Kopf.
In den letzten Wochen hatte Sie kaum Gelegenheit mit Ihm über Ihre Arbeit zu sprechen und hatte sich heute ganz viel vorgenommen. Das Gespräch lief aber komplett anders, als sie sich das vorstellte. Zwar fragte er noch anfangs nach ihrem Wohlbefinden, aber der Rest war ein Stakkato an Fragen, deren Sinn und deren Verbindung zu ihrer aktuellen Arbeit sie kaum verstand. Stieg sie anfangs noch in die Diskussion um eine Benotung ein, so fühlte sie rasch, dass es kein Gespräch auf Augenhöhe wurde, sondern eine Argumentation, warum er sie so sah. Hatte sie etwas verpasst? Warum auf einmal die ganzen Feedbacks genau heute, wo sie doch in den letzten Wochen vergeblich versucht hatte, mit ihm zu sprechen. Ihr war jetzt ganz flau im Magen, klappte den Laptop zu und ging nach Hause. Sie musste sich einem Menschen mitteilen, der ihr zuhört und sie verstand. Ihr Chef war das heute bestimmt nicht. Und im Job wollte sie sich diese Blöße nicht geben.
Lutz Bremer war freudig aufgeregt. Heute sollte er die neue Strategie des Teams in der Abteilungsbesprechung vorstellen. Sein Chef setzte viel auf ihn, das wusste er. Und er wollte ihn auch ganz sicher nicht enttäuschen. Viele Tage hatte er die Präsentation vorbereitet. Sie war perfekt! Zahlreiche Male hielt er den Vortrag abends vor seiner Frau, die ihm wichtige Hinweise zur Sprache, Haltung und Nutzung von Sprechpausen gab. Er war sich sicher, er würde heute punkten. Die Show begann! Mit festen Worten und klarer Sprache fesselte er die Zuhörer, das konnte er an deren Augen erkennen, die fast alle pausenlos auf ihn gerichtet wurden. Am Ende unterbrach jedoch sehr überraschend sein Teamleiter mit Blick auf die Uhr. Er selbst war etwas verspätet gestartet, da die Agenda sich durch die Vorredner verschob, war aber selbst gut in der Zeitvorgabe. Nun musste der letzte und wichtigste Teil, seine Kernaussage zur Strategie, mit wenigen Worten auf den Punkt gebracht werden, was ihm auch gut gelang. Statt des erhofften Feedbacks aus der Gruppe war die Zeit jedoch so fortgeschritten, dass keiner etwas fragen durfte und er wieder still Platz nahm. Der nächste Punkt der Agenda wurde dann in ähnlicher Weise abgearbeitet. Abends zuhause angekommen fragte seine Frau, voller Erwartung über den sicheren Erfolg, nach dem Ergebnis und dem Feedback seines Chefs. „Nichts!“, antwortet Lutz enttäuscht, „es war keine Zeit. Ich hätte mir dabei so gerne ein Feedback gewünscht. Aber ich hatte schlicht keine Chance dazu bekommen.“ Er schlief sehr unruhig in dieser Nacht, mit vielen Gedanken war er falsch gemacht haben könnte und wie es nun für ihn weitergeht.
Maria Neubauer schlief ebenfalls unruhig, da sich viele Kunden immer wieder bei Ihr auf der technischen Hotline über ein fehlerhaftes Teil beschwerten. „Warum immer genau dieses Teil?“, fragte sie sich, während sich scheinbar keiner über diese wichtigen Rückmeldungen kümmerte. Heute Vormittag ging sie in Ihrer Pause in die Produktion und sprach mit dem Dreher, dessen Team dafür verantwortlich war. Sie bemerkte im Gespräch sehr schnell, dass die Thematik bekannt war, aber in der Konstruktion dafür einfach kein Gehör gefunden wurde. Der Dreher erklärte ihr, dass die Ingenieure dort fast immer andere Prioritäten hatten und vieles an Reklamationen dabei auf der Strecke blieb. „Dafür wäre die Lösung sehr einfach“, erklärte der Dreher, „aber uns fragt ja keiner, obwohl wir das im Team selbst umsetzen könnten. Aber wir sind ja nicht die Konstruktion.“
Thomas Stalter hat als Abteilungsleiter sein Team über die einschneidenden Veränderungen zu informieren. Seitens der Geschäftsführung wurde entschieden, dass sein Serviceteam verkleinert wird und vier der 12 Stellen wegfallen oder ins Ausland zur neuen Tochter übertragen werden. Er hatte sich sehr viele Gedanken gemacht, was für das Team am Besten ist, um heute im großen Meeting die besten Lösungen mitzuteilen. Sein Plan erfuhr vorher bei der Leitung eine gute Resonanz und man gab grünes Licht für den Umbau. Zwei Wochen später kündigten fünf Mitarbeiter, die nicht zum Abbau vorgesehen waren. Das Team war sich bewusst, dass es Entscheidungen geben würde und hatte schon vorab selbst Pläne ausgearbeitet. Einige Mitarbeiter fanden es gut sich zu verändern und sogar zwei würden gerne im Ausland den Servicebereich mir aufbauen. Die Verärgerung war groß, dass Stalter das Team im Vorfeld nicht mit einbezog. Mit drei Mitarbeitern statt den vorher geplanten acht musste er das Team jetzt nicht abbauen, sondern von der Pike wieder aufbauen. Er war sehr verärgert über sich selbst, das Team in die Prozesse nicht mit eingebunden zu haben. Wie konnte er das übersehen?
Peter Reinhardt hatte vor einem Jahr den Auftrag der Geschäftsleitung erhalten, dass sein Personalbereich mit Hilfe eines externen Beratungshauses eine Betriebsklima-Analyse umsetzen soll. Bedingt durch die Verlagerung von Arbeitsplätzen, Wegfall von einigen Produkten und der Veränderung von Technologien in der Produktion war es zu einem signifikanten Abfall an Produktivität im Unternehmen gekommen. Diesen galt es zu bekämpfen. Man wollte nun die Mitarbeiter befragen und Maßnahmen zur Korrektur ableiten. Viele Dinge waren von der Leitung schon vorgedacht, aber mit der Befragung der Mitarbeiter erhoffte man eine breitere Unterstützung bei den teilweise sicherlich unbequemen Maßnahmen zu erhalten, die zu erwarten waren. Mit einem renommierten Institut wurde ein Fragebogen erstellt, der an alle Mitarbeiter verteilt wurde. Alles sollte anonym erfolgen, damit eine Stimmung ohne Angst vor Konsequenzen bei ggf. negativen Meinungen für eine hohe Beteiligung sorgt. Als Startpunkt hatte man die jährliche Betriebsversammlung gewählt. Dort stellte der Vorstand, zusammen mit dem Leiter des Beratungshauses, die neue Kampagne vor und motivierte die Mitarbeiter durch diesen basisdemokratischen Prozess. Vier Monaten nach dem Start verzeichnete man einen Rücklauf von 55,4%. Da man eine anonyme Abfrage ohne Zurückverfolgung der Wege versprochen hatte, war eine Auswertung nicht möglich, welche Bereiche sich ggf. verweigerten. Die Auswertung der Fragebögen mit dem externen Berater nahm nochmals 2 Monate Zeit in Anspruch. Dann hatte man die ersten Zahlen, die man mit den Führungskräften vorbesprach. Die Diskussionen waren sehr kontrovers, aber man hat sich nun endlich mit der Leitungsebene auf einen Aktionsplan verständigt. Man musste ja den Mitarbeiter zeigen, was zu tun ist. So wurde ein Jahr nach dem Startschuss bei der dann folgenden Betriebsversammlung das Ergebnis mit dem vorgesehene Plan vorgestellt, der sich über einen Umsetzungszeitraum von 12 Monaten erstreckte. In den kommenden Wochen war der Flurfunk jedoch enorm angestiegen, die Produktivität sackte zur Verärgerung der Geschäftsleitung erneut ab. Viele Mitarbeiter zeigten sich enttäuscht über den immensen Zeitverzug und unsinnigen Aktionen, da mittlerweile ganz andere Probleme anstanden. So griff ein Wettbewerber aus China massiv im bisher gut geschützten eigenen Markt an, und eine hohe Fluktuation setzte kurz danach ein, was eine deutliche Mehrbelastung für alle bedeutete. Und nun noch die Mehrarbeit mit dem als sinnlos erachteten Plan, der zudem noch alle mit Mehrarbeit belastete. Aktuell gab es Probleme und Diskussionen, die vor einem Jahr gar nicht so sichtbar waren. Jetzt nimmt man sich noch ein weiteres Jahr Zeit um einen Aktionsplan umzusetzen, der auf ganz anderen Annahmen beruht? „Hätten die Mitarbeiter heute eine Stimme, wären die Ergebnisse komplett anders“, so der Tenor aus den Kaffeeküchen.
Daniel Berger ist sehr enttäuscht über seine Arbeitskollegen. Er könnte vor Wut ausrasten, wenn er diese Ungleichheit der Behandlung sieht. Hatte er sich für das neue Projekt eingesetzt und alles dafür getan, dass es eine Freigabe erhält, setzt sich nun sein Abteilungsleiter hin und verkauft seine Ideen als dessen eigenen. Alles an Vorarbeiten hatte er persönlich mit vielen Überstunden und Herzblut geleistet. Alle Marktanalysen und Empfehlungen hatte er vorbereitet und sein Manager präsentierte zum Gipfel der Unverschämtheit sogar noch seine Folien, fast ohne Änderungen. Nur statt seines Namens, den er auf allen Folien unten rechts eingefügt hatte, sah er jetzt einen anderen. Seine engsten Kollegen wussten das, aber keiner sagte etwas. Am liebsten würde in die Welt schreien, welche eine Ungerechtigkeit geschieht und welch Mobbing hier gerade stattfand. Er stand nach dem Meeting verärgert auf und wusste ganz genau, dass er dieses Projekt nicht mehr fördern würde. Er gönnte den Erfolg seinem Chef nicht und auf seine Hilfe konnte er ab heute nicht mehr zählen können.
Ramesh Ashadi geht es nicht gut. Als Sie eben in der Küche einen Tee zubereitete, hörte sie zwei Kollegen schenkelklopfend zotige Witze über Frauen und Behinderte erzählen. Mit allem Mut sprach sie die beiden männlichen Kollegen an, die sich hinter der Küchenabtrennung sicher vor anderen Zuhörern wähnten. Sie bat mit ruhigem, aber sehr bestimmtem Tonfall diese Dinge zukünftig zu unterlassen. Was dann geschah, konnte sie nicht fassen. Statt einer erhofften Entschuldigung wurde die gesamte Wut über die scheinbare Maßregelung der beiden Herren nochmals potenziert und auf Sie übertragen. Mit Tränen in den Augen rannte sie ohne Ihren Tee zurück ins Büro, knallte die Tür zu und wollte an diesem Tag keinen Menschen mehr sehen. Ihre Hände zitterten und sie wusste nicht, wie die jemals in dieses Büro zurückkommen sollte.
Alle Beispiele zeigen Ausschnitte aus dem Alltag von Unternehmen. Bei allen Beispielen geht es um Menschen, Kommunikation, Stimmungen und Feedbacks. Wir erkennen, dass eine zeitliche Entkopplung von Ursache und Wirkung für eine Verstärkung sorgen kann, da die Unsicherheit eine lange Zeit anhält. Oder es gibt keine Kanäle des Hilferufs oder des Feedbacks auch außerhalb von geplanten Gesprächen. Dinge werden oft nicht gelöst, sondern ausgesessen. Die Betroffenen Menschen denken oft Tag und Nacht über eine Lösung nach, aber können sich aber nicht mitteilen. Wir sehen, dass ein Fehlen einer Stimme bei einer gefühlt falschen Behandlung zu Resignation und sogar zu Krankheiten wie Burnout führen kann und meist auch wird.
Im Zeitalter von Facebook, Whatsapp & Co können wir viele Werkzeuge der HR-Steinzeit nicht mehr verwenden, neue sind entstanden. Nicht durch die Unternehmen, sondern durch die Menschen, die hier neue Möglichkeiten der Mitteilung und Anerkennung suchen und oft finden. Mitarbeiter fordern schnelles und offenes Feedback ein und warten nicht mehr auf die Jahresgespräche. Sie selbst brauchen Kanäle der schnellen und einfachen Artikulation, sie wollen sichtbar sein, wahrgenommen werden. Die PE-Instrumente, die von „oben“ auf die Mitarbeiter gestülpt werden, passen oftmals nicht mehr. Frederic Laloux beschreibt in seinem Buch „Re-Inventing Organizations“ wie sich moderne Unternehmen erfolgreich umbauen können. Halten wir noch am antiquierten Bild der Pyramide fest, werden wir oft überrascht, wie schnell diese einstürzen kann. Kleine Teams sorgen für sich in einer integral-evolutionären Organisationsstruktur für mehr Beteiligung, mehr Innovationskraft und kurze Entscheidungswege. Letztendlich auch für weniger Einbrüche in der Arbeitsleitung wie Fluktuation oder Absentismus. Bei den modernen aber eher leistungsorientierten Organisationen fehlt es oft genau an dieser Innovationskraft, dem Mitarbeiter-Engagement und einer aktiven Beteiligung, wie es Studien eindrucksvoll zeigen. Laut des Gallup Engagement Index 2015 (Gallup) sind in Deutschland nur ca. 16% der Mitarbeiter aktiv am Unternehmenswohl interessiert und engagieren sich dementsprechend. Diese Gruppe hat eine deutlich geringere Fluktuation, weniger Qualitätsmängel und eine über 20% höhere Produktivität. Gallup stellt deutlich heraus, dass ein ständiger und offener Dialog die Bindung stärkt. Christophe Bergeon, Gründer des französischen Start-ups Zestmeup gewann im Sommer 2016 mit seiner App zum Thema „Mitarbeiter-Engagement“ den Preis VIVA Technology der ManpowerGroup. Mittlerweile arbeiten schon viele Unternehmen mit dem preisgekrönten Produkt „Zest“, wie z.B. Ernest & Young, BCPE oder die ManpowerGroup selbst. Ausschlaggebend für den Gewinn der Challenge war eine sehr einfach zu nutzende Anwendung, die dem Mitarbeiter in allen Lebenslagen eine Stimme gibt. Sei es bei der Mitteilung des eigenen Wohlbefindens im Zug zur oder von der Arbeit, der Abfrage eines persönlichen oder anonymen Feedbacks von anderen zu den eigenen Leistungen, der Diskussion von Ideen im Team und einem Hilferuf, falls ich eine Notlage im Job verspüre. Über ein Dashboard kann der Manager ein sehr aktuelles Gesamtbild über sein Team abrufen, Umfragen vor Entscheidungen starten und mit dem Team über die vorgeschlagenen Lösungen diskutieren.
Dirk Linn, Gründer des Düsseldorfer HR-IT-Beratungshaus p-manent consulting GmbH, ist von der Idee solcher Anwendungen begeistert, die immer mehr auf dem Markt zu finden sind. „Früher hatten wir einen hochgradig verstaubten Vorgang beim Ideenmanagement, heute haben wir einfachste Prozesse, die sofort wirken“, so Linn weiter. Mit dem Internet hat auch die Geschwindigkeit und Transparenz zugenommen, was aber in vielen Unternehmen noch nicht als Vorteil erkannt wird. Die Prozesse geben auch eine solche Reaktionszeit nicht her, weil einfach zu komplex gedacht wird und große Anbieter suggerieren nur mit vollständig integrierten Lösungen sei das Richtige getan. Ein Ansatz der in den 90er Jahren in der Industrie mit der Computer-integrierten Fertigung nicht wirklich funktionierte und die Japaner mit dem Konzept des „Lean Managements“ wieder auf einfachere und teamzentrierte Prozesse setzten und damit große Erfolg erzielten. „Nur wenn ich gut informierte und in transparente Prozesse eingebundene Mitarbeiter habe, erreiche ich Motivation und damit Engagement“, so Linn weiter. Das bedeute aber auch eine Bedrohungslage für die Manager und Führungskräfte „alter Schule“. War ich es als Personalverantwortlicher gewohnt von „oben“ zu steuern, stehe ich in der „Kritik von unten“ und bin oberster Diener meines Teams, statt Dienstherr. Eine Rolle, die ein komplett neues Verständnis der Führung erfordert. Besonders wird der Umgang mit den Bedürfnissen der Mitarbeiter, der Umsetzung von Teamvorschlägen und die eine eher demokratische Lösungsorientierung im Mittelpunkt der Aufgabe stehen. Führungskräfte sind somit vielfach keine Entscheider mehr, sondern helfen den Teams bei der Beseitigung von Steinen, die im Weg liegen. „Die Führungskräfte werden diesen Weg oftmals nicht ohne ein Coaching bewältigen“, so Christoph Kuth, Berater und Coach aus Bergisch Gladbach, der sich der neuen Idee der Führung verschrieben hat und bereits mit dem Thema „Lean Management“ viel praktische Erfahrung aufbaute. Der Weg zum Umbau der Organisation und Philosophie ist für Mitarbeiter hier deutlich einfacher als für das Führungs-Establishment. Führungsrollen werden als solche in diesen neuen Organisationsformen auch immer mehr verschwinden, da es die Pyramide an sich nicht mehr gibt.
Frederic Laloux stellt in seinem Buch Beispiele aus der Praxis vor. Firmen, die diesen Weg gegangen sind, und er zeigt auch wie steinig der Weg sein kann, wenn die Transformation nicht von ganz oben vorgelebt wird. Aus den dicken Tankern der HR mit einer fast nicht mehr kontrollierbaren IT-Umgebung werden zukünftig dezentrale Schnellboote entstehen. Auf Smartphones sucht man heute umfassende Apps, die alles können. Die Nutzer suchen sich die App aus, die ihnen persönlich einen Vorteil bringen und leicht nutzbar sind. Vernetzung ist Trumpf und fast keine App kommt mehr ohne diese aus. Die Methoden ändern sich also rascher, als die IT ihre eigene Strategie schreiben kann. Ohne moderne Cloud-Lösungen ist diese Transformation nicht mehr denkbar. Wir müssen loslassen von der Meinung, dass die IT zukünftig durch die Unternehmen selbst kontrollierbar bleibt, wenn wir weiterhin mit mündigen Mitarbeitern arbeiten möchten.
Sie fragen sich als Personaler jetzt bestimmt was das mit Ihnen zu tun hat. Dann schauen sie sich die Prozesse in Ihrem Unternehmen an. Arbeiten sie mit einer zentralen Personalbeschaffung? Wenn Sie ein umfassendes HR System einführen, fragen Sie sich nach Ihrem Nutzen, das der IT oder das für die Mitarbeiter? Führen Sie noch jährliche Mitarbeitergespräche durch? Wie kommunizieren Sie mit Ihren Mitarbeitern, wenn überhaupt? Gibt es ein Innovationsprogramm, welches Mitarbeiterideen in einfachster Weise aufgreift? Wie kann sich ein Mitarbeiter bemerkbar machen, wenn er Hilfe braucht? Was ist Ihre Karriereplanung wirklich wert oder Ihre Bewerber-Pools, wenn Veränderungen eintreten? Wenn Streiks drohen, kennen Sie wirklich die Probleme der Mitarbeiter oder kümmern sie nur um die Forderungen der Gewerkschaften?
Wenn die HR hier keine Lösungen findet, werden es die Mitarbeiter tun. Mal ehrlich: warum brauchen wir eine Personalentwicklung, wenn wir wir heute doch keine echten Lösungen aufzeigen können? Denken wir wirklich noch, wir können aktiv und nach unseren Vorgaben unser „Personal entwickeln“? Das ist schon fast wie der Nürnberger Trichter im Bildungssystem. Hier haben wir die vermeintliche Kontrolle und Steuerung auch vielfach verloren. Bildung und die Aneignung von Wissen hat mit Hilfe des Internets unsere Ausbildung rasant verändert und die Art und Weise wie wir gerne lernen möchten und besser lernen können. Wer kennt noch das Lernen im Klassenraum in 5 Jahren?
Reinhard K. Sprenger drückt es ziemlich drastisch in seinem Buch „Mythos Motivation“ aus. Kein Vorgesetzter kann motivieren, sondern nur den Grad der De-Motivation beeinflussen. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass wir durch Freiheiten den Mitarbeiter möglichst viel Raum geben mit einer ordentlichen Portion Vertrauensvorschuss und Arbeitshilfen. Über allem steht aber das wirkliche Interesse an Ihren Mitarbeitern und deren Wertschätzung. Das soll nicht heißen, dass wir uns die Welt jetzt schönreden. Auch die Konsequenzen müssen klar gezeigt werden. Freiräume zu haben heißt auch Verantwortung zu haben. Aber keine Willkür. Hier kann das Team als Regulativ eingesetzt werden, nicht die Entscheidung des Vorgesetzten. Warum kann z.B. ein Team keine Kündigung aussprechen bei einer klaren Teamentscheidung? Ok, die Gesetzgebung hinkt hinterher. Aber mit dem Projekt Arbeit 4.0 wollen wir auch hier versuchen etwas zu verändern. Wir, die Gesellschaft.